Ich habe die short cuts von Samuel Widmer mit seiner Erlaubnis in diese Webseite aufgenommen, weil ich sie sehr hilfreich finde für die Integration der Erfahrungen aus einem gemeinschaftsbildenden Workshop. Die Grundelemente so eines Seminars bestehen unter anderem darin, dass man sich nicht ablenken kann, wenn schwierige Gefühle auftauchen. Man hat nur die Möglichkeiten, entweder aus der Präsenz zu gehen oder das Gefühl zu fühlen, wodurch es sich nach einer gewissen Zeit transformieren wird. Oder es entsteht der Impuls das Gefühl auszudrücken, wodurch es sich auch verändern kann. Natürlich kann man sich im Leben nicht nur hinsetzen und fühlen, es sind auch Handlungen notwendig. Aber wenn man sich nicht ablenkt, kann man die Impulse des Lebens viel besser wahrnehmen und zerstreut nicht die Energie, die sich irgendwann in Ausdruck oder Handlung äußert.

Schloss Oberbrunn, September 2013 Götz Brase

Aus der Stille
Short Cuts to Enlightenment

von Samuel Widmer

 

 

Brich mit allen Gewohnheiten,
Brich mit allen Mustern,
Brich mit der Vergangenheit!
Schau dir deine persönliche Geschichte genau an,
Und dann - vergiss sie komplett!
Brich mit jeglicher Konditionierung!
Sei frei!

für alle, die es wirklich meinen.

In meiner Arbeit habe ich für die Teilnehmer an meinen Seminaren eine Reihe von Methoden, Wegen oder Verhaltensregeln herausgearbeitet, welche jede für sich, wenn man ihnen konsequent folgt, sehr schnell zu tiefen, wesentlichen Ergebnissen bezüglich innerer und äußerer Harmonie führen. Ich nenne sie deshalb short cuts to enligthenment. Diese Verhaltensregeln dienen dazu, in den Kursen eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, und sie helfen gleichzeitig dem einzelnen, einen Weg in die Tiefe zu finden und sich in dieser Tiefe des Seins zu zentrieren. Jede dieser Aufforderungen oder Einladungen ist ein Weg für sich, den man mit viel Disziplin und über lange Zeit verfolgen muss. Oder vielmehr, viel eher noch, er muss zu einer Lebenshaltung werden, damit sich ein Erfolg einstellen kann. Andererseits wird aber sehr schnell, fast unmittelbar ein Ergebnis sichtbar, wenn man sich überhaupt auf diesen Weg begibt. Geht man ihn aber nur für eine halbe Stunde, muss man sich auch nicht wundern, wenn das Gewonnene auch schnell wieder verloren geht. Eigentlich gibt es keine Methode, um zur Liebe zu gelangen. Aber es gibt diese simplen Anregungen, welche doch eine Hilfe sein können. Ich möchte diese Abkürzungen zur Erleuchtung, Abkürzungen zu Glück und Lebensfreude deshalb hier präsentieren.
Sie sind nicht vollständig, man könnte unendlich viele zusätzlich anschließen. Sie sind auch nicht neu, sondern irgendwie uralt. Ich hoffe, sie machen dir Freude.
Kannur, Indien, Dezember 1995

 

Die sieben Wichtigsten

1

Da ist einmal das Lauschen, das reaktionslose Lauschen:
Setze dich hin für eine halbe Stunde täglich und lausche dem Fluss der Geräusche, der Musik des Seins, den Kinderstimmen von ferne, dem Summen der Heizung im Haus, dem Flugzeug, das vorbeibrummt, dem Vogelgezwitscher draußen, dem Motorenlärm von der nahegelegenen Straße. Lausche auf alles, nimm alles wahr, ohne darauf innerlich zu antworten, sei einfach damit wie mit einer schönen Musik, bis der Fluss der Geräusche wirklich ein Fluss geworden ist, mit dem Fluss des Lebens identisch durch dich hindurch fließt.
Das ist ein ganz einfacher Weg, der dich sehr schnell in ein inneres Gleichgewicht bringen wird. Später lernst du dieses reaktionslose Lauschen überall anzuwenden, nicht nur eine halbe Stunde täglich sondern immer und überall, wo immer du bist. Wenn du einem Menschen zuhörst, der zu dir spricht, wenn du mitten in der Stadt im großen Lärm stehst, wenn du dich auf eine Arbeit konzentrierst, immer lauschst du dann eben auch. Bis du eines Tages feststellen wirst, dass es einfach lauscht in dir, dass du ein Lauschender geworden bist. So wirst du eine leere Wahrnehmung, die alles in sich hält, ein Mitfühlender, ein Liebender. Über das Lauschen zentrierst du dich völlig in der Aufmerksamkeit. Damit entziehst du dem Denken alle Energie. Das Denken kollabiert, und deine ganze Energie geht in die Wahrnehmung. Lauschen führt zu Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeit führt zu Einsicht, Einsicht führt zu Transformation auf der Energieebene. Lauschen macht dich schließlich zu einem Generator für Stille in der Welt.
Alles findet seine Erklärung im Lauschen


2


Dann ist da das Schauen, zu schauen ohne
Reaktion:
Schau täglich eine halbe Stunde auf einen Baum, auf eine Blume, auf ein Gesicht. Es geht nicht darum, darauf zu starren, sondern mit Liebe und Mitgefühl das, was du anschaust, in allen seinen Details einfach zu sehen. Es geht nicht darum, etwas Besonderes zu sehen, irgendein verrücktes Erlebnis zu haben, sondern einfach dem, was du anschaust, liebevoll zugewendet zu sein, mit einer solchen Intensität, dass sich kein Gedanke dazwischen schieben kann. Neben dem, dass du Erstaunliches entdecken wirst, viel über die Welt lernen wirst, Dinge sehen wirst, die dir bis jetzt immer entgangen sind, neben dem, dass dabei ein Gefühl von Schönheit in dir erwachen wird, wirst du dabei wiederum vor allem eine leere Wahrnehmung werden. Mit der Zeit wirst du wiederum dazu übergehen, diese Übung nicht nur täglich eine halbe Stunde zu tun, sondern überhaupt, immer, wo immer du bist, wenn du an der Bushaltestelle wartest, wenn du noch schnell einen Einkauf machen musst, auf einem ruhigen Spaziergang im Wald, während dem du in eine heftige Diskussion verwickelt bist und so weiter. Überall, immer wirst du schauen und schauen, die Dinge wirklich sehen, die vor dir sind und die in dir sind.
Schauen richtet sich immer gleichzeitig nach innen und nach außen. Da letztlich Innen und Außen dasselbe sind, führt dich das Schauen zu dieser Realisation. Schauen und Fühlen gehen zusammen. Dabei wird dein Herz still werden, und darin wird ein Mitgefühl erwachen, welches dich schließlich zu dieser Eins-zu-eins-Verschmelzung mit allem führen wird, welche wir die Einheit des Herzens nennen. Auch das Schauen führt über die Aufmerksamkeit zu Einsicht, und diese klinkt dich, wenn sie ein kontinuierlicher Fluss geworden ist, wiederum in diesen energetischen Transformationsprozess ein, für den du dann zu erwachen beginnst.
Alles findet seine Lösung im Schauen

3

Keine Spuren hinterlassen!
Schau dir zu, wie du mit den Dingen und Menschen umgehst! Wirf immer auch einen Blick zurück, was du hinter dir lässt! Übernimm die Verantwortung für alles, was in deine Hände kommt, für alles, womit du zu tun hast. Nimm die Mühe auf dich, jeden materiellen Prozess bis zu seinem Ende zu verfolgen, und du wirst die Erfahrung machen, dass in deinem Leben alles seinen Platz bekommt, Ordnung entsteht! Ordnung, welche nicht ständig wieder neu hergestellt werden muss, nein Ordnung, welche sich ununterbrochen erneuert. Mit der Ordnung zusammen kommen Schönheit und Frieden zu dir, Gelassenheit und Stille. Übe dich darin, den Weg eines Papierschnitzels, der in deine Hände geraten ist, zu verfolgen, bis er seinen richtigen Platz gefunden hat!
Keine Spuren zu hinterlassen heißt nicht, keine Kinder zu zeugen, nicht schöpferisch zu sein. Im Gegenteil: Es heißt, eine konstruktive Spur zu hinterlassen, sich auszudrücken, etwas in die Welt zu setzen, aber nicht Zerstörung hinter sich zu lassen, wo man durchgegangen ist, wie es die Menschen meistens tun.


4

Verteile deine Aufmerksamkeit gleichmäßig auf alles!
Warum solltest du nur auf dich bezogen sein, deine ganze Aufmerksamkeit auf dich oder auf etwas anderes konzentrieren? Sei nicht nur auf dich bezogen, sondern immer auch auf die anderen Menschen und auf alle Dinge um dich herum! Warum solltest du dir mehr Aufmerksamkeit geben als etwas anderem? Warum solltest du etwas anderem mehr Aufmerksamkeit geben als dir? Verteile sie gleichmäßig auf alles und Jedes, versuche da ein Gleichgewicht zu finden! Seine Aufmerksamkeit gleichmäßig auf alles zu verteilen heißt, da zu sein. Sein, da sein, statt eine Antwort, eine Reaktion aufs Sein zu sein. Im Dasein findet Wandlung statt. Du kommst in Kontakt mit den Gesetzmäßigkeiten energetischer Transformation, für die du nun ein Werkzeug wirst.
Frage: Wie kannst du zum Beispiel in einem Gespräch gleichzeitig mehrere Personen anschauen?
Die Lösung dieses Rätsels hilft dir, deine Aufmerksamkeit gleichmäßig zu verteilen.
Alles findet seine Erklärung im Lauschen
Alles findet seine Lösung im Schauen
Alles findet seine Wandlung im Dasein

5

Schau dir zu, was du sprichst, wie du sprichst!
Rede nur Essentielles!
Essentielles reden heißt, die Sprache zu gebrauchen, um Nähe zu schaffen, und nicht, um diese zu verhindern. Essentielles reden heißt, keine Geschichten zu erzählen, kein Geplapper. Essentielles reden heißt, die Sprache zu benutzen, um einerseits Informationen, wenn sie notwendig sind, weiterzugeben und dann vor allem, um sich unmittelbar von Herz zu Herz in die Beziehung hinein auszudrücken und mitzuteilen. Rede nicht über Dritte, teile dich mit, rede über die Beziehung, in der du dich gerade aufhältst! Sprich mit dem anderen, nicht über andere! Sag deinem Gegenüber, was du von ihm denkst, nicht was du von anderen denkst! Wenn du diesen Weg verfolgst, wirst du bald in einem Feld von Nähe und Gemeinschaft geborgen sein, und die entfremdete Welt der Menschen, in der wir gemeinhin leben, wird von dir wegrücken.
Die meisten Menschen sind ständig mit irgendwelchen oberflächlichen Dingen beschäftigt. Sie erzählen sich Geschichten, Erlebtes, Vergangenes. Daneben läuft aber in ihnen, entweder bewusst oder unbewusst, immer auch eine Auseinandersetzung mit dem, was gerade da ist, mit der Beziehung, dem Bezogen Sein, in dem sie sich gerade aufhalten. Das verstecken sie aber voreinander, zeigen es sich nicht. Sie benutzen die Sprache nicht, um sich näher zu kommen, sondern verhindern damit, sich wirklich zu treffen. Essentielles zu reden beginnt damit, dass man sich in dem zu zeigen beginnt, was wirklich in Bezug auf den gegenwärtigen Moment da ist, in einem vorgeht, dass man sein Innerstes nach außen kehrt. Daraus entwickelt sich das, was wir ein intelligentes Gespräch nennen. Wenn wir dann in Bezug auf das Wahrgenommene auch noch unmittelbar, ohne Tabuschranke zu handeln beginnen, entsteht das, was wir ein strukturloses Zusammensein nennen.
Auch im körperlichen Zusammensein, wenn es um Sexualität und Zärtlichkeit geht, zeigen die meisten Menschen nicht wirklich, was dabei in ihnen abläuft.
Deshalb schafft ein intelligentes Gespräch oft eine viel dichtere Nähe als ein zärtliches Zusammensein. Erst wenn beides zusammenkommt, trifft sich etwas unmittelbar, so dass sich dieses Gefühl, einander wirklich zu erkennen, einstellen kann. Daraus heraus kann sich dann eine noch größere Tiefe, welche wir zusammen teilen können, entfalten. Ein unmittelbares Schauen im Zusammensein, welches keiner Worte mehr bedarf, weil Wahrnehmen, sich Zeigen und sich Mitteilen zusammenfallen und sich in der Stille direkt ausdrückt. Ein Gefühl, vom Blitz getroffen zu sein, absolut gemeint und authentisch zu sein, stellt sich dann ein.
An der Oberfläche zu bleiben ist Langeweile. Dahinter wartet die Angst, ganz wahr zu werden. Wirklichkeit in Beziehung entfaltet sich da, wo man sich dieser Angst stellt.


6

Sei still, halte still!
Alles bisher Gesagte kann man auch darin zusammenfassen: Lerne still zu halten, dem was immer da ist, innen und außen, still zu halten! Sich wieder einfügen in die Stille der Natur. Alle Natur ist still. Das, was immer schon dagewesen ist, ist still. Still halten heißt nicht brav sein. Es heißt nicht, keinen Ausdruck zu haben. Es heißt, ohne innere Reaktion zu sein, unmittelbar, direkt auf die Dinge, Prozesse und Menschen zu schauen, unmittelbar zu erkennen, was wahr und was falsch ist und unmittelbar darauf zu antworten. Eine direkte Antwort ist keine Reaktion, welche aus der Vergangenheit konstruiert ist, sondern eine unmittelbare Schöpfung aus dem Augenblick. Wenn du das begriffen hast, bist du Gegenwart.

7

Beginne mit der Frage zu leben, von Moment zu Moment, wofür du dein Leben tatsächlich, ununterbrochen, von Augenblick zu Augenblick hingibst!
Schau da immer wieder hin! Lass diese Frage dich begleiten, wo immer du bist! Du wirst dabei darüber lernen, was du bereit bist, anderen zu geben, und in diesem Schauen und Verstehen wird sich etwas in dir wandeln.
Alles findet seine Erklärung im Lauschen
Alles findet seine Lösung im Schauen
Alles findet seine Wandlung im Dasein

Die sieben Differenzierteren

1


Finde heraus, wann es richtig ist, zu handeln, und wann es richtig ist, still zu halten!
Das heißt auch, zu sehen, wann es richtig ist zu schweigen und wann zu reden. Wenn du keine Angst mehr hast, dich in deiner Wahrheit zu zeigen, hinzustehen, auch wenn dies Schwierigkeiten mit sich bringt, wirst du trotzdem oft zögern, dich oft zurückhalten, weil du siehst, dass ein Vorprellen nichts bringt außer Unheil.
Heil wird mit dir sein,
wenn du dieses schwierige Rätsel lösen kannst.

2

Finde ein Gleichgewicht
zwischen Disziplin und Dichgehenlassen!
All die bisherigen Short cuts to enlightenment haben viel mit innerer Disziplin zu tun. Innere Disziplin ist wichtig, aber wenn wir sie zu sehr betonen, werden wir leicht rigide und angestrengt, was uns dann irgendeinmal zu einem gewaltsamen oder depressiven Ausbruch aus diesem Muster führen wird. Das Leben ist nicht nur Disziplin. Manchmal findet man sich eher am einen Pol, manchmal eher am anderen. Meisterschaft ist, ein Gleichgewicht zu finden zwischen den beiden. Meisterschaft stellt sich ein in der Wachheit; Wachsein in der Disziplin, Wachsein im Sich Gehenlassen. Harmonie wird das Resultat sein.
Finde ein Gleichgewicht zwischen Planung/Kontrolle und dich dem Leben überlassen, ein Gleichgewicht zwischen das Leben meistern und von ihm an der Hand genommen sein, ein Gleichgewicht zwischen ein Ziel verfolgen (das ist der Wille) und dann den Fluss des Lebens auch wieder einfach hinzunehmen (das ist das Herz)!
Finde ein Gleichgewicht zwischen Herz und Bauch, das ist die Einheit von Herz und Bauch! In dieser Einheit wirst du glücklich.

3

Sei pünktlich - und halte dich an Abmachungen!
Das heißt, beginne dir bewusst zu sein, welche immense Störung es immer bedeutet, wenn du in das Energiefeld eines anderen eintrittst, und überlege daher zuerst, ob du es auch wirklich meinst, wenn du etwas vereinbarst, und dann halte dich auch an das, was du versprochen hast! Dieser Weg, wenn du ihn ohne moralische Gebundenheit, ohne Angst und Anpassung, ohne Widerstand und Trotz, ohne Autoritätsproblem, sondern einfach gehst, wird sehr schnell Ordnung in deinem äußeren Leben schaffen. Aus der Ordnung der Dinge kommt ein immenser Energiegewinn, einfach daher, weil keine mehr verschwendet wird. Ein hohes Potential an Energie, das ist Freude, Liebe, Stille, Raum und Harmonie.
Wie wunderbar ist es zum Beispiel, eine Gruppe zu beginnen, wenn zum vereinbarten Zeitpunkt alle bereits eingerichtet, still und aufmerksam da sind.


4

Stop smoking!
Das wird dich besonders schnell zu innerem Wachstum führen. Kein Mensch wird erleuchtet, der das Rauchen nicht aufgibt. Du kannst dir nicht ständig unterdrückende Energie zuführen und gleichzeitig offen sein wollen. Du hast ganz einfach nicht genug Kraft dafür.
Leider erreicht man mit diesem Hinweis allerdings meist nur, dass man zur Projektionsfläche für Autoritätsprobleme wird. Dabei ist er eigentlich als humorvoller aber äußerst ernster Hinweis gedacht. Humor ist die höchste Form der Ernsthaftigkeit.
Schau überhaupt zu deinem Körper, indem du ihm gibst, was er braucht, aber nie bis zur völligen Befriedigung oder sogar mehr!
Stop smoking allein genügt nicht. Lass alle Anpasserdrogen wie Alkohol, Nikotin, Kaffee, Fleisch, zu viel Zucker, zu viel Essen überhaupt, zu viel Sex (d.h. zu viele Orgasmen), zu viel Stress, zu wenig Schlaf. Das richtige Maß von allem macht es aus; das richtige Maß liegt in dem, was wirklich ein Genuss ist. Wer kann schon zwanzig Zigaretten am Tag genießen? All das macht deinen Körper unsensibel. Wenn du das Andere empfangen willst, ein Gefäß sein willst für das Göttliche, brauchst du einen äußerst sensiblen Körper.
Übe dich im Tantra, in allen Lebensbereichen!

5

Lerne es, unsichtbar zu sein!
Mach dich klein, wenn es hilfreich ist, groß wenn es nötig ist; aber sei weder groß noch klein! Sei nichts, sei niemand! (Das wäre natürlich ein machtvoller Short cut für sich selbst.) Sei nicht verfügbar für Jedermann und jederzeit! Bestimme selbst, wann und wo du in Erscheinung trittst! Verweigere dich allem Falschen, auf allen Ebenen, aber sei jederzeit erreichbar für das Wahre, bereit für die Liebe, verfügbar für das Andere!

6

Tue immer das, was die Lebensqualität erhöht, deine, die der anderen, überhaupt!
Glücklich sein ist letztlich das, was zählt. Alles andere verliert seine Wichtigkeit, wenn du in dir glücklich bist. Darum tue alles, was glücklich macht, und lass alles, was das Unglück mehrt! Die Frage nach richtig und falsch transzendiert sich auf diesem Weg.

7

Übe dich in einem neuen Balzverhalten!
Übe dich in einem Balzverhalten, welches nicht nur vom Becken und Solar, sondern vom Herzen gesteuert ist!
Für die Männer: Dein übliches Balzverhalten ist, ein Jäger zu sein, den Weibchen zu imponieren, die Weibchen einzufangen, die Weibchen zu besitzen und zu dominieren oder allenfalls die Weibchen mit ihrer Brut sitzen zu lassen. Dieses Balzverhalten ist gesteuert vom Becken (Sexualität) und vom Solar (Wille). Dieses Verhalten ist absolut in Ordnung, aber es gibt mehr.
Daher: Übe dich in einem neuen Balzverhalten! Halte den Jäger im Zaum, beobachte ihn, wie er tätig sein will, imponieren will usw.! Zügle ihn! Meistere ihn, statt von ihm getrieben zu werden! Du tust mal vorläufig gar nichts mehr aus dieser Ebene heraus.
Dafür entwickelst du in diesem Innehalten, Stillhalten eine neue Qualität, ein neues Balzverhalten: Du bist da. Du bist ein Zuhause. Du hast es schön mit dir allein. Du bist eine Einladung. Wer immer will, den Mut findet, darf sich bei dir niederlassen.
Das heißt, zuerst die Einsamkeit und alles, was mit ihr zusammenhängt, auszuhalten (zu kurz gekommen sein, sitzen gelassen sein, in Vergessenheit geraten, und dann den Jäger aktiv werden lassen, um dem zu entrinnen). Dann heißt es aber vor allem, ein Zuhause überhaupt zu entwickeln; da, wo du bist, in deinem Zimmer, in deinem Bett, in deinem Sein überhaupt und so weiter. Überhaupt etwas Willkommenheissendes, etwas Einladendes zu gestalten um dich herum. Und dann schaust du einfach, was passiert.
Für die Frauen: Dein altes Balzverhalten heißt, Weibchen sein, sich imponieren lassen, sich zieren, sich verweigern, dann wieder einwilligen, unabhängig tun und nicht eingestehen, dass du es brauchst; vor allem die Verantwortung nicht übernehmen; Machtspiele usw. Auch dieses Verhalten ist gesteuert vom Willen und vonder Sexualität, mit allen Konsequenzen, die es hat (sitzen gelassen werden mit der Brut etc.).
Übe dich in einem neuen Balzverhalten: Fühle mit dem Herzen, wo ein Zuhause ist, und geselle dich dazu, ganz einfach und unumwunden, nicht aus Lust, sondern aus Liebe! Fühle dich eingeladen, und lass dabei der Lust, der Liebe viel Raum und Zeit, um werden zu können!


Die sieben Schwierigen

1

Sei in Beziehung, unmittelbar, direkt, aus deinem Innersten heraus, überall, immer, zu allem und jedem!
Dieser Weg beinhaltet alle anderen Wege. Wenn du gelernt hast, ihm zu folgen, brauchst du keine andere Disziplin mehr. Dieser Weg umfasst und transzendiert alle Disziplinen.
Was du gewinnst dabei, ist ein Nachhause finden.
Beziehung ist Liebe.



2

Bleib immer allein!
Alleinsein ist die Grundlage für wirkliche Beziehung und Gemeinschaft und dann auch wieder die Blüte der Gemeinschaft. Nur wenn du in allem Bezogen Sein ganz allein sein kannst, ist Beziehung da, die keine Bindung ist. Deshalb bleib immer allein, überall, unter allen Umständen! Bleib innen allein, frei!


3

Wenn Du alleine bist, verhalte dich,
wie wenn du Besuch hättest;
wenn Gäste bei dir sind, zeige dich so,
wie wenn du alleine wärst!
Beides hilft dir, ungebunden, frei und ehrlich zu sein. Es gibt dir das richtige Maß zwischen Disziplin und Dichgehenlassen. Und es verschafft dir vor allem viel Lebensqualität.



4

Folge der Liebe, wenn sie dich ruft!
Gehe nach außen, zu den anderen,
und du wirst dich selbst finden!
Gehe nach innen, tief in dich selbst hinein,
und du wirst die anderen, das Andere finden!
Wenn du lernst, mit der Liebe zu gehen, wohin sie dich immer führen will, kannst du alles andere wieder vergessen. Es ist darin enthalten. Sie ruft dich in jedem Moment, und sie fordert dich immer entweder auf, nach innen zu gehen oder dich nach außen zu zeigen.
Wenn du ganz bei ihr ankommst, begreifst du, dass es immer zwei Wege geben wird, immer zwei Pole, welche beide gleichermaßen anziehend sind, welche dich immer gleichermaßen anziehen werden, zwischen welchen du für immer hin- und hergerissen sein wirst.
Der eine ist der Weg nach außen, zu den anderen, zum Anderen. Paradoxerweise findest du auf diesem Weg aber nicht die anderen, sondern dich selbst. Du lernst dich kennen auf diesem Pfad, verwirklichst dich.
Der andere Weg ist der Weg nach innen. Und wiederum triffst du da auf ein Paradox: Wenn du ganz innen ankommst, findest du da nicht dich, sondern die anderen, das Andere. Beziehung ist innen, nicht außen. Dich gibt es da nicht mehr, sondern nur noch diese leere Wahrnehmung, welche Glückseligkeit ist und welche das Andere in sich hält.
Zuerst weißt du nicht, welchem Weg du folgen sollst. Beide sind sie gleichermaßen anziehend. Du bist hin- und hergerissen. Aber schließlich lernst du, dass du das nicht steuern musst. Immer, in jeder Situation, in der du dich findest, gibt es eine eindeutige Einladung, gerade nach innen zu gehen in die Beziehung, zum Anderen, oder nach außen zu gehen, um dich selbst zu treffen. Wenn du dieser Einladung zu folgen lernst, verlierst du alle Kontrolle über dein Leben, und doch scheint es gehalten zu sein. Leider verweigern wir meist, nach innen zu gehen, wenn wir dazu aufgerufen sind, und nach außen zu gehen, wenn das ansteht. Wir wollen immer gerade das andere oder verweigern uns überhaupt. Wir weigern uns, der Liebe zu folgen, wohin immer sie uns gerade ruft.
Sich selbst zu verwirklichen heißt, sich völlig zu verlieren, die Kontrolle über sich und sein Leben völlig aufzugeben, sich hinzugeben, etwas ganz Unpersönliches, Vages zu sein, das sich im anderen verloren hat. Das ist der Weg nach innen.
Und doch drückt sich dieses Unpersönliche dann in jedem Moment, in jeder Situation, in Bezug auf alle und alles völlig intim, persönlich, unmittelbar und direkt aus. Du bist nichts; aber dieses Nichts meint in jedem Moment: Du. Das ist der Weg nach außen.
Auf beiden Wegen lenkt dich die Liebe, auf beiden Wegen findest du die Liebe.

5

Vermeide jede Fixierung im Persönlichen, jede Identifikation!
Hänge dazwischen, sei in jedem Augenblick gleichzeitig völlig unbeteiligt und komplett betroffen! Im Unpersönlichen verankert und zentriert zu sein heißt zwar, dass dich letztlich nichts berührt, nichts etwas angeht, und doch drückt sich dieses Unpersönliche in jedem Moment total persönlich aus; in jedem Augenblick meint es: Du.
Die dümmste Fixierung ist die Identifikation im Selbstmitleid: Sie gibt dir überhaupt keinen Vorteil, nur Leid.
Die zweitdümmste ist jene im Widerstand gegen irgendetwas: Sie gibt dir wenigstens den Kampf, ein Gefühl von Stärke, einen Reiz. Aber letztlich bist du immer der Verlierer. Im Widerstand fixiert zu sein heißt, sich im Streit der Meinungen zu verlieren, in der Rechthaberei. Dieser innerliche Konflikt, der im Äußeren sichtbar wird, beginnt immer dort, wo man aus irgendeinem Grund die Wahrheit, speziell bezüglich der Machtverhältnisse, der Fragen um Ohnmacht und Ausgeliefertsein und der tatsächlichen Hierarchie der Kräfte, nicht sehen will.
Die drittdümmste Identifikation ist jene mit dem Vergnügen, welcher Art auch immer. Hier bekommst du wenigstens die Lust. Am Ende wartet aber immer ihr Gegenstück, der Frust. Deshalb meide die Dummheit, lass dich leiten von der einen Intelligenz.
Ein Gleichgewicht zu finden in diesen Fragen, zwischen Persönlichem und Unpersönlichem zu floaten macht dich völlig frei, frei von aller Konditionierung, frei auch für einen unmittelbaren Ausdruck, der keinem Muster folgt.

6

Sei ein Verwundbares!
Nimm dich nicht so wichtig, habe keinen Stolz!
Stolz ist nur die vornehmere Art zu trotzen. Erlaube dir, mit der Wahrheit zu leben, dass du zerstörbar bist! Erlaube dir, wieder ein Verwundbares zu sein! Sei keine Festung! Darin liegt alle Schönheit.

7

Es ist fatal zu vergessen, dass
du vergänglich bist, dass du sterben wirst.
Mit der Tatsache deines baldigen Todes zu leben hilft dir immer wieder, gelassen zu sein, die Dinge in der richtigen Relation zu sehen, dich nicht so wichtig zu nehmen. Lerne Leben und Sterben wieder als ein Ding, einen Prozess, ungetrennt, von Augenblick zu Augenblick zu erleben!

Frage: Finde einen Grund, nicht glücklich zu sein!

 

Der Autor dieses Buches ist völlig unwichtig.
Es geht hier um eine Sache, die uns alle etwas angeht, es geht um unser Überleben, es geht um die Liebe.
Es geht um etwas absolut Unpersönliches, das uns gleichzeitig näher nicht sein könnte. Der Autor versucht das auszudrücken, auf seine Weise, so gut er es kann.
Der Autor hat einen Namen: Er heißt Samuel Widmer. Er hat ein Geburtsdatum: den 24. Dezember 1948. Er hat eine Ausbildung: Er ist Mediziner, Psychiater, Psychotherapeut. Er hat sich während 25 Jahren intensiv mit psycholytischer Psychotherapie beschäftigt, eine der wirksamsten Möglichkeiten uns zu heilen, von unserer Krankheit zu heilen. Und unsere Krankheit ist der Verlust der Liebe in unserer Welt.
Der Autor hat seinen Namen, sein Geburtsdatum, seine Ausbildung hinter sich gelassen. Das ist Geschichte, Vergangenheit. Er hat sie bewältigt. Er lebt für die Gegenwart, unsere verzweifelte, beängstigende, beglückende Gegenwart.
Es geht um eine Sache, die uns alle etwas angeht. Es geht um die Liebe. Um etwas absolut Unpersönliches, das uns gleichzeitig näher nicht sein könnte.